Zum Inhalt springen

All Heat and No Light – Thomas Mader

  • von

Kurze Impression der Installation

Das Werk „All Heat and No Light“ von Thomas Mader, ausgestellt in der Monitoring-Ausstellung des Kasseler Dokfests 2023, umfasst drei Objekte, die durch ein tieffrequent-wummerndes Soundbett verbunden sind. Die erste Skulptur, die einem direkt ins Auge springt, ist eine ca. 180 cm große Kugel mit einem kleinen, matt lächelndem Smiley auf der Frontseite. Diese aufblasbare Kugel stellt einen Meteoriten dar, der auf Albrecht Dürers Gemälde „St. Jerome in the Wilderness“ (Rückseite) beruht. Der Meteorit steht in dem Gesamtwerk symbolisch für die Instrumentalisierung von bestimmten Ereignissen. Beispielsweise nutze König Maximilian I. 1492 einen Meteoriteneinschlag, um eine Kampagne für seine Kriegszüge zu unterstützen. Und auch Albrecht Dürer wurde als „deutscher“ Künstler von den Nazis für ihre politischen Zwecke vereinnahmt.

Im Mittelpunkt von „All Heat and No Light“ findet sich eine animierte Videoprojektion, die den Cartooncharakter Pink Panther zeigt. Acht Pink Panther stehen in einem Kreis und interagieren, sobald ein gewisses Ereignis auftritt, wie zum Beispiel das Aufleuchten eines Scheinwerfers im Videoloop. Thomas Mader setzt sich so mit der Verwendung von Symbolen in Bezug auf geschichtliche Ereignisse, insbesondere im Kontext der Neonazi-Terrorzelle NSU, auseinander. Im November 2011, nachdem zwei der drei Kernmitglieder des NSU in einer Gasexplosion in ihrem Wohnwagen starben, erschien ein NSU-Bekennervideo in dem Paulchen Panther eine tragende Rolle spielt. Auch der rosarote Panther wird somit zu politischen Zwecken instrumentalisiert.

Und auch das dritte Objekt der Installation beschäftigt sich mit der politischen Instrumentalisierung von Symbolen, Wörtern und Sätzen. Die 210×210 cm große Stoffinstallation mit diversen Schlagsätzen und Grafiken erklärt Thomas Mader folgendermaßen: „Komplexe Sachverhalte werden zu Autoaufkleber-Wahrheiten verflacht, Schichten und Schichten von Ironie werden verwendet, um entmenschlichende Meinungen zu verschleiern, und Gewalt in Zeichentrickfilmen hat so lange keine Konsequenzen, bis sie es in der realen Welt tut. Neben der menschlichen Katastrophe schleicht sich die semiotische Katastrophe ein.“ Interessant bei dieser Installation ist, dass es vom Blickwinkel abhängig ist, wie gut welche Elemente auf dem Stoff zu erkennen sind.

Die zentrale Frage, die Mader aufwirft, ist, wie lange es dauert, bis Zeichen neutralisiert werden und ihre ursprüngliche Bedeutung zurückgewinnen. In Anbetracht der Herausforderungen bei der Offenlegung von NSU-Akten und dem zeitlichen Abstand zu den Geschehnissen, stellt er die Frage nach der Handhabung von Informationen in einer Gesellschaft, in der Verantwortliche bereits verstorben sind und neue Generationen heranwachsen.

Maders Werk wird zu einem Versuch, die Ursprünge von Zeichen zu verstehen und deren Vereinnahmung in der Geschichte nachzuvollziehen. Die Vielschichtigkeit seiner Arbeit ermöglicht unterschiedliche Interpretationen und betont die kulturelle und soziale Verwurzelung von Zeichen. Die Frage, ob „schwere Zeichen“ von ihrer negativen Konnotation gelöst werden können, oder ob sie aufgrund historischer Erfahrungen untrennbar mit ihren Bedeutungen verbunden sind, bietet Raum für tiefgreifende Überlegungen über die Natur von Symbolen und ihre Rolle in der kollektiven Erinnerung.

Von Meike Schalk, Benedikt Müller und Lucas Siehl